190 besonders begabte Schülerinnen
und Schüler haben bereits eine Klasse übersprungen.
Es könnten deutlich mehr sein, wenn Bremsklötze wegfielen.
SALZBURG (SN-job). Drei Prozent
der 1,2 Millionen Schülerinnen und Schüler in Österreich
gelten als besonders begabt. Aber nur wenige dieser "schnellen"
Kinder und Jugendlichen können diesen Trumpf ausspielen.
Eine aktuelle Befragung von Lehrerinnen und Lehrern zeigte: beinahe
alle bejahen, dass hochbegabte Schüler besonders gefördert
werden sollen; aber nur ein Drittel sieht sich im Schulalltag
dazu in der Lage. Gründe sind zu große Klassen und
zu wenig Ausbildung für einen Unterricht, der unterschiedlich
begabten Kindern in einer Klasse gerecht wird.
Der Begabungsforscher Franz J. Mönks (Universität Nijmwegen)
setzt daher bei der Ausbildung an. "Lehrerinnen und Lehrer
haben kaum etwas über Hochbegabung gehört. Sie wissen
alles über den Durchschnitt, aber wenig über Schüler,
die schneller lernen."
Ein zweitägiger Kongress, der heute und am Samstag in Salzburg
stattfindet, dient dem Ziel "Begabungen erkennen - Begabte
fördern". Die mehr als 300 Teilnehmer sind für
den Salzburger Landesschulratspräsidenten Gerhard Schäffer
Beweis genug, "dass die Begabtenförderung nach jahrzehntelanger
Skepsis den pädagogischen Durchbruch erzielt hat".
Ein Hauptproblem sieht Experte Mönks in den altershomogenen
Klassen. Wenn alle 8-Jährigen oder 14-Jährigen etc.
dieselbe Schulstufe besuchen, erschwere das die gezielte Förderung,
sei es der schnelleren oder der lernschwachen Schüler. Daher
sollten klassenübergreifende "Fähigkeitsgruppen"
oder "Magnetgruppen" gebildet werden.
Ein Schwerpunkt des Kongresses mit internationalen Experten ist
das Überspringen von Schulklassen. Derzeit kann ein Schüler
einmal in der Volksschule, einmal in der Mittelstufe und einmal
in der Oberstufe eine Klasse überspringen.
Professor Mönks, der als Wissenschafter maßgeblich
am Österreichischen Zentrum für Begabtenförderung
und Begabungsforschung in Salzburg mitarbeitet, fordert einen
Umkehrung der Perspektive. "Man fragt übervorsichtig,
welcher Schaden entstehen könnte, wenn ein Kind eine Klasse
überspringt. Wir müssen fragen, was versäumt wird,
wenn das Kinder unterfordert in seiner Jahrgangsklasse bleibt."
Ein Bremsklotz ist, dass das Überspringen einer Klasse dem
Buchstaben des Gesetzes nach nicht an den Schnittstellen möglich
ist. Gerade nach der vierten Klasse Volksschule wäre aber
das Überspringen gewünscht, weil ohnehin ein Klassenwechsel
eintritt.
Den Erfolg bestätigt eine
jüngste Studie des Wiener
Erziehungswissenschafters Friedrich Oswald. 190 Kinder, davon
125 in der Volksschule, haben in den vergangenen Jahren den Sprung
geschafft. Dabei ging die Initiative meist von den Lehrern aus.
"Mit der Meinung, dass die Eltern drängen, kann aufgeräumt
werden", sagt Oswald.
Die Erfahrungen seien zu weit
über 90 Prozent positiv. Der Wissenschafter führt das
teils auf den Mut der Lehrerinnen und Lehrer zurück, die
pädagogisch Sinnvolles in Eigenverantwortung versuchten.
"Etwa dass Kinder einige Monate probeweise an der nächsten
Klasse teilnehmen können, um ihnen den endgültigen
Überstieg zu erleichtern." Das sei nicht "streng
gesetzeskonform, aber grundvernünftig und pädagogisch
erfolgreich".
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