Gisela Legath und ihre Kinder Martin und Frieda - 1994
Gisela Legath aus Eberau im Burgenland hat das Leben von zwei ungarischen Juden
auf der Flucht unter Mithilfe ihrer Kinder Martin und Frieda gerettet, indem
sie ihnen Unterschlupf in der Scheune ihres Wohnhauses gewährte.
Der 1922 in Szombathely (Ungarn) geborene György Krausz (heute Giora Karni in der israelischen Ortschaft Nir) befand sich im Februar 1945 in einer ungarischen jüdischen Arbeitseinheit, die zu Fuß aus Ungarn an die österreichisch-ungarische Grenze gebracht wurde und nahe dem Dorf Eberau im Burgenland Panzerfallen gegen das russische Militär graben musste.
Als den Mitgliedern der Arbeitsgruppe mitgeteilt wurde, dass sie einen weiteren Marsch ins KZ Mauthausen antreten müssen, beschlossen Krausz und sein Freund Cundra in den Wald zu fliehen, um dort auf die Russen zu warten. Beide litten unter der starken Kälte, hatten nach einigen Tagen nichts mehr zu essen und mussten sich von Baumschalen ernähren. Die Gefahr war groß, da sich Soldaten der Wehrmacht mit Spürhunden herumtrieben. Sie beschlossen, im Dorf Eberau Hilfe zu suchen. Auf ihrem Weg stießen sie auf einen Buben, den 14-jährigen Martin Legath und seine Schwester, die 13-jährige Frieda. Sie schilderten ihnen ihre verzweifelte Situation.
Die beiden Kinder liefen in das Wohnhaus ihrer Eltern, Franz und Gisela Legath. Martin berichtete der Mutter. "Draußen sind zwei Juden, die bitten, dass wir sie verstecken sollten bis die Russen kommen." Gisela zögerte keinen Augenblick. "Bringt sie herein" sagte sie zu ihren Kindern. Sie hatte Mitleid mit den zwei mageren, ausgehungerten Männern. Sie hatte Angst, da ihr Mann nicht zu Hause war, erfasste jedoch sofort, dass es für die zwei Flüchtlinge kein Überleben ohne ihre Hilfe geben könnte.
"Bringe sie in die Scheune", sagte sie zu Martin. Sie beruhigte Krausz und Cundra: "Habt keine Angst. Meine Kinder werden euch bald Essen und Kleidung bringen".
Gisela sammelte Kleidungsstücke ihres Mannes. Ihre Kinder brachten den Versteckten zwei Mal am Tag Essen in die Scheune. Am nächsten Tag erschien ein Mann in der Scheune und sagte ihnen: "Ich bin der Hausherr. Ich weiß, dass ihr hier seid. Ihr braucht keine Angst haben, ihr seid hier sicher...." Im Laufe der Zeit begannen Krausz und Cundra im Rinderstall der Familie Legath zu arbeiten.
Eines Tages traf eine Wehrmachtseinheit in Eberau ein. Sie errichtete ihre Küche im Hof des Wohnhauses der Familie Legath, in unmittelbarer Nähe der Scheune. Die beiden mussten nun besondere Vorsicht walten lassen und durften sich nicht mehr draußen zeigen. Trotz der akuten Gefahr brachten Martin und Frieda ihnen jeden Tag das Essen. Eines Tages sprach der Koch der deutschen Einheit im Haus der Familie Legath vor. Er sagte zu Gisela: "Ich weiß, was für Leute ihr hier versteckt habt. Sie wissen, was auf ihre Familie zukommt, wenn das jemand meldet". Gisela reagiert mutig: "Das sind Menschen wie Sie und ich. Sie zittern um ihr Leben genau so wie wir. Wollen Sie, daß sie entdeckt und erschlagen werden? Sind nicht genug Menschen im Krieg getötet worden?! Die Beiden können ja noch für unseren Arbeitseinsatz Nutzen bringen".
Gisela gelang es den Wehrmachtssoldaten zu überzeugen, Krausz und Cundra nicht auszuliefern. Die Beiden erweisen sich sogar für die Wehrmachtseinheit nützlich. Krausz half in der Küche aus und Cundra, der Schneider war, richtete die Uniformen der Soldaten.
Krausz und Cundra blieben in Giselas Scheune, bis die Wehrmachtseinheit abzog
und das russische Militär das Dorf befreite.