Gestapo-Leute


Luci Pollreis - 1982


Die junge Wienerin Luci Pollreis hat zwei Jüdinnen und einen Juden in ihrer Wohnung in 15. Turnergasse 32, in ihrem Betrieb und ihrem Landhaus in der Ramsau bei Hainfeld drei Jahre ab 1942 versteckt.

Es handelte sich um das Ehepaar Max und Johanna Arnold und um die Schwester von Max, Leopoldine Stern. Max wurde von der Gestapo angewiesen, aus Pressbaum, wo er wohnte, nach Wien zu übersiedeln. Er hatte den Auftrag, sich bei der Israelitischen Kultusgemeinde zu melden, mit in ein KZ verschickt zu werden. Als er dies unterließ, wurde er im Verdacht der Rassenschande verhaftet und in das Landesgericht II eingeliefert, wo er sechs Wochen blieb. Nach seiner Entlassung tauchte er als U-Boot unter. Er lernte seine zukünftige Frau Johanna keimen. Sie bat eine Bekannte ihn, Johanna und seiner Schwester Leopoldine zu helfen.

Eines Tages wandte sich diese Bekannte an Luci Pollreis, die allein lebte, da ihr Mann zur Wehrmacht eingezogen war. Ob sie bereit sei, ein jüdisches Ehepaar und eine Jüdin, denen von der Gestapo Gefahr drohe verhaftet zu werden, in ihrer Wohnung aufzunehmen und zu verstecken? Luci Pollreis gab sofort eine positive Antwort: "Ich war und bin immer auf der Seite der Schwächeren". Sie war sich der Gefahr bewusst, der sie sich aussetzte, scheute jedoch nicht vor ihrem gefährlichen Unternehmen zurück.

Luci war Schneiderin und Max, der auch vom gleichen Fach war, half ihr bei der Arbeit. Immer wieder tauchten Gestapo-Leute auf, die nach den Verschwundenen fahndeten. Oft mußte sie die Drei in der Nacht aus ihrer Wohnung, in ihren Betrieb, in ihr Landhaus oder zu Freundinnen bringen. Ihr Mann, der von der Front auf Urlaub nach Hause kam, wußte Bescheid und unterstützte sie in ihrer humanitären Tat. Max und Johanna Arnold und Leopoldine Stern überlebten dank Luci Pollreis den Krieg.


Die Gerechten Österreichs
Eine Dokumentation der Menschlichkeit
von Mosche Meisels


Umschlaggestaltung von Arje Weiss (einer der Geretteten)
Herausgegeben von der Österreichischen Botschaft in Tel Aviv
1996, S. 68.