Einführung

Dieses Buch von Prof. Mosche Meisels führt uns schlaglichtartig 79 Österreicherinnen und Österreicher vor, die ihr Leben für die Rettung verfolgter Juden in den Jahren des Holocausts riskiert haben. Entgegen dem gesetzlichen Zwang zur Unmenschlichkeit, entgegen dem Druck von oben, entgegen dem Verbot, Juden zu helfen, hatten diese Menschen den Mut zu helfen. Jede einzelne Geschichte der 79 Retter ist in ihrer Art faszinierend und wäre wert, verfilmt zu werden.

Die von Yad Vashem in Jerusalem bis Anfang 1996 als "Gerechte der Völker" ausgezeichneten 79 Österreicherinnen und Österreicher kommen aus allen Schichten der Bevölkerung, vom Akademiker bis zur einfachen Bäuerin. Es waren Ärzte, Schauspieler, Polizisten, Offiziere und Soldaten der Wehrmacht, die ihrem Gewissen folgend, unter Einsatz ihres Lebens in der Zeit der nationalsozialistischen Verfolgung Juden gerettet haben. Vier österreichische Retter mussten dafür tatsächlich mit dem Leben bezahlen und wurden hingerichtet. Die Mehrheit der österreichischen "Gerechten" stammt aus Wien, aber es gibt darunter 8 Tiroler, 8 Niederösterreicher und weitere Retter aus den anderen Bundesländern, außer Vorarlberg.

Der Autor, Prof. Mosche Meisels, ist in ganz Österreich bekannt, er ist die "berühmte Stimme", die jeder kennt: durch 34 Jahre hat er die österreichischen Radiohörer in sachlicher Weise über die Ereignisse in Israel informiert, oft sogar täglich. Der schon zu Lebzeiten zur Legende gewordene Mosche Meisels ist selbst Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung und musste seine Geburtsstadt Wien nach der Matura im Oktober 1938 verlassen, um in Palästina ein neues Leben zu beginnen. Mosche Meisels ist so Garantie für Objektivität und dafür, dass dieses Buch weder als Apologetik noch als Alibiaktion verstanden werden kann. Es soll vielmehr eine wichtige Facette der Zeit der nationalsozialistischen Verfolgung durch einen Betroffenen aufzeigen und vor allem unserer Jugend positive Beispiele vor Augen rühren, was Menschen unter nicht normalen, sondern unter schwierigsten Rahmenbedingungen tun können und sollen. Der politischen Bildung in Österreichs Schulen wird von vielen mehr Erfolg gewünscht. Dieses Buch kann dazu einen Beitrag leisten, weil Helden auf junge Menschen vielfach nachhaltiger wirken als Kriminelle.

Allein im Jahr 1995 wurden aufgrund von bezeugten Angaben über Rettungsaktionen und nach einem Prüfungsverfahren von Yad Vashem in Jerusalem weitere 900 Retter von Juden als "Gerechte der Völker" anerkannt, in manchen Fällen erfolgte die Auszeichnung posthum. Es waren aber keine Österreicher darunter, obwohl es wahrscheinlich noch Auszeichnungswürdige gibt, in manchen Fällen sind sogar Namen bekannt doch fehlen Zeugenaussagen oder die Einleitung des Verfahrens über die israelische Botschaft in Wien. Es wäre erfreulich, wenn es durch dieses Buch zu einer Intensivierung der Suche nach weiteren österreichischen Gerechten kommen würde.

Dkfm. Dr. Herbert Kröll
Österreichische Botschaft in Israel

Die Gerechten Österreichs
Eine Dokumentation der Menschlichkeit
von Mosche Meisels

Umschlaggestaltung von Arje Weiss (einer der Geretteten)
Herausgegeben von der Österreichischen Botschaft in Tel Aviv
1996, S. 3-4.