Canisiuswerk, 22.
September 2004
Priesterberufungen: Es gibt auch Erfolgsgeschichten
Politikwissenschaftler Maislinger sammelte Informationen über
"Priester-Biotope" im deutschsprachigen Raum und veranstaltet
im Herbst Symposion zur Frage, warum aus manchen Pfarrgemeinden besonders
viele Priester kommen
Beim Thema Priesterberufungen gibt es auch "Erfolgsgeschichten",
die freilich in der Öffentlichkeit wenig beachtet werden: Der Innsbrucker
Politikwissenschaftler Andreas Maislinger stellte in den vergangenen
Monaten eine Liste von "Priester-Biotopen" im deutschsprachigen
Raum zusammen - also Pfarrgemeinden, aus denen besonders viele Priester
kommen. Im kommenden Oktober veranstaltet er in seiner Heimatgemeinde
St. Georgen bei Salzburg ein Symposion über diese "Priester-Mistbeete"
und möchte dabei deren Erfolgsrezepten nachspüren, wie er
am Freitag im Gespräch mit "Kathpress" sagte. Prominentester
Teilnehmer, der dabei über seinen eigenen Werdegang als Priester
und Ordensmann Auskunft gibt, wird der Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser
sein.
Maislingers Anliegen bei seiner Initiative (die auch ein Buch-Projekt
umfasst) ist es, den Fokus beim Thema Priesterberufungen auf Positives
und Gelungenes zu richten "statt wie üblich auf Mangel und
Krise". Er finde es erstaunlich, dass die durchaus existierenden
Erfolgsmodelle bisher noch nie systematisch oder wissenschaftlich betrachtet
wurden; das "Georg-Rendl- Symposion" über Priesterberufungen
im deutschen Sprachraum von 7. bis 10. Oktober wolle hier einen Beitrag
leisten. "Priester-Biotope" gibt es in allen österreichischen
Diözesen, so Maislinger.
Als Kriterium für so eine Einstufung habe er einen Zahlenschlüssel
definiert: Pro 500 Katholiken in einer Gemeinde müsse es zumindest
einen aktiven Priester geben. Und: Die betreffenden Gemeinden müssen
über einen längeren Zeitraum ein "Nährboden"
für Berufungen gewesen sein. Im 20. Jahrhundert müssten mindestens
zehn Priester aus der Gemeinde hervorgegangen sein. "Würde
man das Verhältnis von Priestern und Gemeindemitgliedern in den
bis jetzt gefundenen Pfarren hochrechnen, hätten wir eine ’Priesterschwemme’
in Österreich", sagte Maislinger, der als Gründer des
"Vereins Gedenkdienst" bekannt wurde. Der "Verein Gedenkdienst"
organisiert u.a. Auslandseinsätze für österreichische
Zivildiener in der Gedenkstätte des KZ Auschwitz.
"Atmosphäre lebendigen Glaubens" entscheidend
Was macht eine Pfarrgemeinde nun zum fruchtbaren Boden für Berufungen?
Maislinger nennt als erstes eine "Atmosphäre lebendiger Religiosität
und gelebten Glaubens", abzulesen in Auskünften wie "Bei
uns wird viel gebetet". Junge Leute, die dort einen geistlichen
Beruf für sich in Erwägung ziehen, würden kein verständnisloses
Kopfschütteln von ihrer Umgebung ernten - einfach, weil Priester
oder Ordensperson sein "normal" sei. Eine wichtige Rolle für
Berufungen spiele auch das Vorbild markanter Priesterpersönlichkeiten
und die Existenz "katholischer" Familien. Derartige Bedingungen
findet man laut Maislinger "natürlich eher am Land",
es gebe aber auch Stadtpfarren mit markant hohem "Priester-Output"
wie St. Cyriakus im deutschen Bottrop.
Aus Österreich finden sich etwa die Pfarren Illmitz (Burgenland),
Hopfgarten im Brixental (Erzdiözese Salzburg), Gaubitsch (Erzdiözese
Wien) oder Gnas (Graz-Seckau) auf Maislingers Liste. Am besten vertreten
seien die Diözesen Graz-Seckau und Salzburg. Die Suche nach "Priester-Biotopen"
sei mühsam, es gebe kaum irgendwo Statistiken oder Aufzeichnungen,
berichtete Maislinger. Viele Spuren habe er durch Mundpropaganda gefunden;
so habe ihn z.B. Erzbischof Kothgasser, der selbst aus dem "Priester-Biotop"
St. Stefan im oststeirischen Bezirk Feldbach stammt, auf die bisher
einzige Pfarre aus der Diözese Innsbruck - die Pfarre Strassen
- aufmerksam gemacht. Die beim Symposion in St. Georgen gewonnenen Erkenntnisse
darüber, was einen guten Nährboden für Berufungen genau
ausmacht, möchte Maislinger in einem Buch öffentlich zugänglich
machen. Dieses könnte einen Kontrapunkt zur kirchlichen Tendenz
setzen, "Schwächen viel eher in den Blick zu nehmen als die
eigenen Stärken", so der Politikwissenschaftler. (Informationen:
www.maislinger.net/Rendl/index.html)
(Kathpress)